Neubeginn 1945
Das
Kriegsende 1945 stellte die Gendarmerie vor die wohl
härteste Bewährungsprobe seit ihrem Bestehen. Es ist vor
allem dem Pflichtgefühl, Mut und Beharrungsvermögen vieler
einzelner österreichischer Gendarmeriebeamter zu verdanken,
dass ein polizeilicher Ordnungs- und Sicherheitsdienst
selbst in der Phase des Umbruches im Mai 1945 zum Schutz der
Zivilbevölkerung in weiten Gebieten aufrecht erhalten werden
konnte. Viele Gendarmen haben, vor allem in Ost- und
Südösterreich, ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt.
Die
allgemeine Not jener Tage war natürlich auch für die
Gendarmen groß. Zwar hatte die provisorische Staatsregierung
unter Dr. Karl Renner schon am 27. April 1945 die
Unabhängigkeit Österreichs proklamiert und kurz darauf auch
bereits in Wien ein Gendarmeriezentralkommando eingerichtet,
doch mangelte es - abgesehen von den politischen Wirrnissen
- an allem, auch an Uniformen und Ausrüstung. So wurde
hinsichtlich der Adjustierung angeordnet, dass entweder noch
vorhandene alte Uniformen der Bundesgendarmerie vor 1938
oder reichsdeutsche Uniformen verwendet werden sollten, von
denen natürlich die nationalsozialistischen Embleme zu
entfernen waren. Außerdem waren zunächst rot-weiß-rote
Armbinden mit der Aufschrift "Österreichischer Gendarm" - in
deutsch und der jeweils erforderlichen "Zweitsprache", also
Englisch, Französisch oder Russisch, zu verwenden. Häufig
waren jedoch keine brauchbaren Uniformen vorhanden, sodass
der Sicherheitsdienst in Zivilkleidung absolviert werden
musste. Auch Mischformen von zivilen Röcken und deutschen
Uniformhosen, Wehrmachtsblusen und Zivilhosen etc. waren
nicht selten, wie das spärliche aber aussagekräftige,
erhaltene Bildmaterial jener Tage und diverse Unterlagen im
Gendarmeriemuseum Wien belegen. Fallweise wurden als "nicht
deutsch" und "nicht alliiert" klar erkennbare alte
Uniformsorten des Ersten Österreichischen Bundesheeres
verwendet. Mancher 1938 zwangspensionierte Gendarm meldete
sich in seiner alten österreichischen Gendarmerieuniform
wieder zum Dienst. Grundsätzlich war auch in Fragen der
Adjustierung zunächst das Einvernehmen mit den jeweils
örtlich zuständigen Kommandanten der Besatzungsmacht
herzustellen2). Sonstige Ausrüstung oder gar
Bewaffnung war kaum vorhanden, ihre Verwendung von der
Willkür der örtlichen Besatzungsmacht abhängig. So konnten
teilweise bereits knapp nach Kriegsende auf einzelnen Posten
wieder Pistolen oder Karabiner geführt werden, während die
Gendarmen anderer Posten höchstens einen Holzstock zur
Verfügung hatten. Erst am 10. April 1946 wurde durch einen
Beschluss des Alliierten Rates die allgemeine
Wiederbewaffnung der österreichischen Polizei und
Gendarmerie gestattet, wobei den Gendarmerieoffizieren die
Verwendung von Pistolen, den übrigen Gendarmen aber nur das
Führen von Gewehren erlaubt wurde.
Noch im Mai 1945
wurden die Dienstvorschriften, die vor 1938 galten, wiederum
in Kraft gesetzt, im Wesentlichen galt dies auch für die
Adjustierung - nach Maßgabe der Möglichkeiten. Mit dem
Behörden-Überleitungsgesetz vom 20. Juli 1945 wurde
schließlich die Wiedererrichtung der österreichischen
Verwaltungs- und Justizbehörden rechtlich verankert. Dies
betraf auch die formelle Wiedererrichtung der Gendarmerie
als "militärisch organisierter bewaffneter Wachkörper".
Sofern nicht alte österreichische Uniformen vorhanden waren,
nähte man zumindest die österreichischen Kragendistinktionen
auf die requirierten deutschen Monturen. Das
Dienstgradschema entsprach zunächst jenem von vor 1938. Da
mangels ausreichenden Personalstandes eine größere Anzahl an
"Hilfsgendarmen" vorläufig in den Gendarmeriedienst
aufgenommen wurde, musste für diese ein eigenes
Distinktionsschema geschaffen werden. Noch 1945 wurde den
Hilfsgendarmen eine silberne Sternrosette als Distinktion
zuerkannt. 1946 wurde festgelegt, dass alle Hilfsgendarmen -
einwandfreies Verhalten vorausgesetzt - bei einer effektiven
Gendarmeriedienstzeit von mehr als zwei Jahren 2, bei mehr
als vier Jahren 3 silberne Sternrosetten am Kragenspiegel zu
tragen hätten. Diese Praxis entfiel aber mit der
Konsolidierung des Personalstandes, die eine silberne
Sternrosette verblieb für den provisorischen Gendarmen3),
erst in der B-Gendarmerie wurden wieder 1-3 silberne
Sternrosetten für Hilfsgendarmen und Aspiranten III. und II.
Klasse getragen. |
|
Rockbluse für
Gendarmen, 1952. |
|
|
|
|
|
|
|