Bundesgendarmerie

Armelabzeichen der österreichischen Bundesgendarmerie - altArmelabzeichen der österreichischen BundesgendarmerieDie Bundesgendarmerie war ein – wenngleich militärisch organisierter – ziviler Wachkörper auf Bundesebene in Österreich. Sie war polizeilich für rund zwei Drittel der Bevölkerung auf etwa 98 % des österreichischen Staatsgebietes zuständig. Mit der Zusammenlegung von Gendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps am 1. Juli 2005 wurde die Bundesgendarmerie in die Bundespolizei überführt.

 

Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte der österreichischen Gendarmerie


 

Gründung

Korpsabzeichen der Bundesgendarmerie Es stellte eine flammende Granate dar, die als Kennzeichnung der Grenadiere in verschiedenster Form an der Uniform ersichtlich war. Die Grenadiere zählten als eine Art Spezialisten zur Elite des kaiserlichen Kriegsvolks im 17. und 18. Jahrhundert und waren vorerst einzeln und später in kleinen Trupps zum Werfen von Handgranaten bestimmt. Den Kampfwert der Grenadiere bald erkennend, wurden in den Regimentern eine, ja oft zwei Grenadierkompanien aufgestellt, deren Mannschaften einer besonderen Auswahl unterworfen waren. In Schlachten aber wurden die Grenadierkompanien in größeren Verbänden zusammengefasst und hatten entscheidenden Einfluss auf den Schlachtausgang.
Korpsabzeichen der Bundesgendarmerie

Die Idee zur Gründung der Gendarmerie (von französisch gens d'armes – „Männer mit Waffen“) stammt aus der Zeit der Revolution von 1848. Am 8. Juni 1849 als Bestandteil des k. u. k. Heeres formiert, war Feldmarschallleutnant Johann Franz Kempen, Freiherr von Fichtenstamm der erste "General-Gendarmerie-Inspector". Konzipiert als militärisch organisierter Wachkörper zunächst für die gesamte Habsburgermonarchie, zog die k.u.k. Gendarmerie 1867 aus dem ungarischen Reichsteil ab, wo fortan landeseigene Organe wie die 1881 gegründete k.u.k Gendarmerie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung überwachten.

Die militärischen Ursprünge schlugen sich nach der Umwandlung in einen Zivilwachkörper 1918 in der Beibehaltung des alten Korpsabzeichen nieder, das eine stilisierte Granate darstellt. Auch die graue Uniformfarbe basiert auf der Adjustierung der k.u.k. Armee.

Direkter Vorläufer war das Gendarmerieregiment des lombardisch- venezianischen Königreichs, das nach dem Wiener Kongress 1815 an Österreich gefallen war. Bis dahin war in Österreich als militärisch organisiertes Wachkorps allein das 1776 aufgestellte "Militärische Polizei-Wach-Corps" (seit 1840: "Militär-Polizei-Commanden") in den größerern Städten (Wien, Lemberg, Krakau, Przemysl u.a.) bekannt gewesen.

Die Zeit der Monarchie bis zum Ersten Weltkrieg

Aufgabe der k.k. Gendarmerie war die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheiten. Neben der Verbrechensbekämpfung wurde die k.k. Gendarmerie später in der Zeit des Neoabsolutismus politisch instrumentalisiert, was ihr den Hass des Bürgertums einbrachte. 1876 wurde sie aus dem Heer ausgegliedert. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurden bei der Gendarmerie Daktyloskopie und Polizeihunde eingeführt.

Während des Ersten Weltkriegs wurde die Gendarmerie im Hinterland, aber auch als Feldgendarmerie eingesetzt. Nach dem Krieg blieb sie weiterhin militärisch organisiert, wurde aber für zivile Aufgaben eingeteilt. Als Überbleibsel der militärischen Struktur wurden die Gendarmen den übrigen Staatsbeamten erst 1918 gleichgestellt und der Zivilgerichtsbarkeit unterstellt (zuvor waren Militärgerichte für die Gendarmen zuständig).

Die Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg

Nach dem verlorenen Weltkrieg wurde außerdem – in Anbetracht der geschrumpften Größe Österreichs – die Anzahl der Gendarmen deutlich reduziert. 1934 wurde die Gendarmerie erneut in innenpolitischen Kämpfe verstrickt und Nationalsozialisten begannen sie zu infiltrieren. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurden viele ranghohe Gendarmen in Konzentrationslager interniert und zusätzlich eine große Zahl von Gendarmen eingesperrt, entlassen, pensioniert oder strafversetzt. Der Rest wurde in die deutsche Ordnungspolizei eingegliedert.

Die Zeit ab 1945 bis zur Auflösung der Gendarmerie 2005

Distinktionen der Bundesgendarmerie
Distinktionen der Bundesgendarmerie

Mit der Wiedererrichtung der Republik Österreich wurde 1945 ein Gendarmeriekommando eingerichtet. Zu Beginn war die Verfügungsgewalt über die Exekutive umstritten, weswegen die Gendarmerie anfänglich mit wenigen Beamten auskommen musste. Dieser Umstand besserte sich jedoch bald soweit, dass die Gendarmerie wieder in der Lage war, ein Mindestmaß an staatlicher Ordnung zu gewährleisten. Als von der Kommunistischen Partei im Oktober 1950 ein Generalstreik ausgerufen wurde, war es unter anderem auf den behutsamen Einsatz der Sicherheitskräfte zurückzuführen, dass der Oktoberaufstand relativ unblutig unterdrückt werden konnte.

1952 wurde die B-Gendarmerie, eine mit schweren Waffen verstärkte Gendarmerieeinheit, aufgestellt, die nach dem Abschluss des Staatsvertrags den Grundstock des Bundesheers bildete. Es ist nicht sicher, ob das Kürzel "B" für Bereitschafts- oder Besondere-Gendarmerie stehen sollte. Diese paramilitärische Einheit hätte im Falle einer Invasion der sowjetischen Armee in den westlichen Besatzungszonen Österreichs eingesetzt werden sollen.

Die Bundesgendarmerie war bis 30. Juni 2005 neben Bundessicherheitswachekorps und dem Kriminalbeamtenkorps („Polizei“) ein – wenngleich militärisch organisierter – ziviler Wachkörper in Österreich. Die Gendarmerie war für alle Teile Österreichs örtlich zuständig. Ausgenommen davon waren die Bundeshauptstadt Wien und die Landeshauptstädte (außer Bregenz) sowie vereinzelt andere größeren Städte Österreichs (meist Statutarstädte). Insgesamt gab es also in den 15 größten Städten Österreichs (mit Ausnahme der Vorarlberger Städte Dornbirn, Feldkirch und Bregenz) Polizei, für den Rest war die Gendarmerie zuständig. Sie sorgte somit für die Sicherheit von rund zwei Drittel der Bevölkerung auf etwa 98 % des österreichischen Staatsgebietes.

Es gab neben den einzelnen Gendarmerieposten in den Gemeinden, die in letzter Zeit vermehrt zusammengelegt wurden, eine Verkehrsabteilung, eine Kriminalabteilung (und nicht wie in vielen TV-Serien die "Kripo") und eine Grenzgendarmerie. Für spezielle Einsätze unterhielt die Gendarmerie Sondereinheiten wie z. B. Hundeführer, Alpingendarmen, Flugretter und Strahlenspürer.

Der Überfall auf die OPEC 1975 führte zur Gründung eines Gendarmerie-Sonderkommandos, des legendären Gendarmerieeinsatzkommandos GEK "Cobra" das mittlerweile den Namen EKO Cobra (Einsatzkommando Cobra) trägt. Diese Sondereinheit trainiert in der Nähe von Wiener Neustadt und wird vor allem bei Terrorakten und Kidnapping, aber auch bei anderen besonders gefährlichen Einsätzen alarmiert.

Ferner gibt es im Rahmen der Cobra seit 1981 sogenannte Air Marshals, die als zivile Begleiter bei gefährdeten Flügen österreichischer Fluggesellschaften mitfliegen. Dieses System wurde von den USA nach den Ereignissen vom 11. September 2001 übernommen.

Neben dem GEK Cobra als "der" Eliteeinheit in Österreich verfügte jedes Landesgendarmeriekommando noch über "Sondereinsatzgruppen SEG" für Einsätze mit mittlerer Gefährdungsstufe. Die SEG Beamten waren ehemalige GEK Männer die danach wieder an die jeweiligen Gendarmerieposten zurückkehrten und in einem Einsatzfall zusammengezogen wurden. SEG bildeten bei größeren Einsätzen auch die Speerspitze bis zum Eintreffen des GEK und waren z. B. für gefährliche Alarmfahndungen zur Unterstützung der regionalen Posten vorgesehen.

Für Großeinsätze wie Großveranstaltungen, Konzerte, Fußballspiele, Demonstrationen, ... gab es außerdem in jedem Bundesland eine "Gendarmerie Einsatzeinheit EE". Diese bestand aus speziell ausgebildeten Gendarmen die ebenfalls bei einem Einsatz aus den einzelnen Posten zusammengezogen wurden.

Im Rahmen der seit 2002 laufenden Reorganisation der österreichischen Wachkörper sollten Gendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps zusammengelegt werden. Am 9. Dezember 2004 war vom Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen worden, dass die Zusammenlegung am 1. Juli 2005 stattfindet und es dann nur mehr einen einheitlichen Wachkörper mit dem Namen Bundespolizei gibt.

Zum Zeitpunkt der Zusammenlegung von Gendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps zur Bundespolizei am 1. Juli 2005 umfasste erstere ca. 15.000 Beamte.

Es wurde im Zuge der Reform und Zusammenlegung zur neuen Bundespolizei versucht, das "alte" Gendarmeriesystem, welches insbesondere in Hinsicht auf die Dienstverrichtung in der Bundeshauptstadt Wien als ungeeignet erschien, auf die Zuständigkeitsbereiche der ehemaligen Bundessicherheitswache überzustülpen. Mag dies im Bereich von Ausbildung und Ausrüstung auch funktioniert haben, so zeigte es sich, dass eine 1:1-Umlegung des Dienstsystems der Gendarmerie auf den städtischen Bereich, die angebliche, aber in einigen Bereichen nicht vorhandene Flexibilität dieses Systems aufzeigte. Durch den traditionell größeren Einfluss der Gendarmerie im Bereich des Innenministeriums war vorherzusehen, dass auch die Zusammenlegung unter der Federführung der ehemaligen Gendarmen vonstatten gehen würde. Dies kann man auch daran erkennen, dass ein überwältigender Teil der Spitzenfunktionen innerhalb der neuen Bundespolizei von ehemaligen Gendarmen besetzt wurde. "Polizei steht drauf, Gendarmerie ist drin" ist ein wahrer Ausspruch. Was dies für die Qualität der Arbeit, insbesondere im städtischen Bereich, bedeutet, wird die Zukunft zeigen.

Bis sich auch die Öffentlichkeit an den neuen Namen Polizei gewöhnt hat, wird es jedoch noch einige Zeit dauern. So liest man auch jetzt noch in den Medien oft von der Alpingendarmerie, Touristen suchen den Gendarmerieposten, Kinder spielen nach wie vor "Räuber und Gendarm" und der umgangssprachliche Begriff "Schandi" (=Gendarm) wird auch in vielen Jahren noch in Verwendung sein.

Das Bild vom Gendarmeriemotorrad (BMW R 80, Bj. 12/1193, im Einsatz bis 10/2006 mit dem Kennzeichen BG-2855) wurde im Museum St.Veit, wo neben dem Motorrad auch eine interessante Dauerausstellung der Gendarmerie zu sehen ist, aufgenommen.


Ehemalige Organisationsstruktur

  • Bundesministerium für Inneres (BMI)
    • Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit (Sektion II des BMI)
      • 9 Sicherheitsdirektionen (SiD) in allen Bundesländern
        • 8 Landesgendarmeriekommanden (LGKdo) in allen Bundesländern außer Wien
          • Bezirksgendarmeriekommanden (BGK)
            • Gendarmerieposten (GP), Grenzüberwachungsposten (GÜP) und Grenzkontrollstellen (Greko)


Weblinks